Geburt eines Sonnenflecks (2014 02 24, 1110 – 1245)
Nach einer durchwachsenen Beobachtungszeit seit Jahresbeginn einmal ein wolkenloser Tag – gute Bedingungen.
Es ist die letzte Seite im 3. Bändchen meines „Sonnentagebuches“ und ich überlege, ob ich nicht schon ein neues Moleskin-Büchlein beginnen soll – zeichnen auf der letzten Seite..., es gibt Einfacheres.
Nach der Weißlicht (WL)-Beobachtung mit Einzeichnung der Sonnenflecken – die übliche Entwicklung gegenüber dem Vortag - wechsle ich um ca. 1125 zum PST.
Wo am Vortag am Sonnen-Ostrand noch ein schöner Protuberanzenbogen war, steht heute ein süßes kleines „Würmchen“- einer Spanner-Raupe ähnlich. Ich beschließe, es so zu taufen und zeichne es im Detail. Dann nehme ich mir die Filamente vor, überprüfe anschließend die WL-Beobachtung und schaue wieder ins PST.
Es ist 1145. Die „Spanner-Raupe“ ist weg, der Sonnenrand sieht aus als hätte man einen Nagel eingeschlagen von dem nur noch der Kopf ein wenig herausragt.
Aha, interessant - zeichnen - Elisabeth sagen, es gäbe sehenswerte Flecken -Frühstück fortsetzen. Im Hinterkopf notieren, am nächsten Tag nachzusehen, ob sich in dieser Gegend etwas gebildet hat. Es ist ca. 1155. Elisabeth schaut sich im WL die Flecken an, brummt etwas Anerkennendes, geht zum PST und sagt, da wäre kein Nagelkopf sondern eine große Protuberanz. Es ist ca. 1205. Nachsehen lassen, sage ich.
Dann überschlagen sich die Ereignisse: Die Protuberanz (Daumen x p an die 60 –100 000 km hoch) verändert sich so rasch, daß ich mit Schauen und Zeichnen nicht nachkomme, wird größer – ein CMA? – schnell Wolfgang anrufen (er informiert mich auch immer, wenn was Tolles los ist) – schauen, zeichnen, Uhrzeit notieren. Jedes Mal, wenn ich vom Notizbuch wieder ins Okular blicke, sieht die Sache anders aus – es ist atemberaubend. Zwischendurch Elisabeth schauen lassen - auch sie ist von diesem Schauspiel gefesselt. Wir sind beide aus dem Häuschen!
Um ca 1225 zeichnet sich im PST etwas Dunkles am Sonnenrad ab. Schnell hinüber zum WL – tatsächlich: ein, wahrscheinlich sogar zwei*) Sonnenflecken – kohlschwarze kleine Strichlein.
Bis 1245 beruhigt sich die Protuberanz wieder (sie ist in der Photospären- Einstellung des PST fast besser zu sehen als in der Chromosphären-Einst.) und wird zu einem immer schwächer werdenden filigranen dünnen Schleier vor der Schwärze des Alls...
Wir haben die Geburt einer Sonnenflecken-Gruppe in Echtzeit mit 8 Minuten Verspätung miterlebt – der 3. Band meines „Sonnentagebuches“ endet mit einem großartigen Finale.
Für Astro-Profis, Alltag! Unsere Beobachtung, wissenschaftlich ganz sicher wertlos, aber für uns ein Erlebnis, das uns tief berührte.
*) PS: Es sind – wie sich am Folgetag herausstellt – 2 Umbren in einer Penumbra (Grp 0215 am Sonnen-O-Rd.).
25 02 2014/Gerhard & Elisabeth