Erfahrungsbericht APM 100mm 45° Apo Ferngals; v. Th. Schröfl

Erfahrungsbericht APM 100mm 45° Apo Ferngals; v. Th. Schröfl

Beitragvon Laadoc » Fr 5. Jan 2018, 10:35

Erfahrungsbericht APM 100 mm 45° ED-Apo Fernglas mit 1,25" Wechselokularaufnahme

Als ich 2001 in die Amateurastronomie einstieg, war mein erstes Beobachtungsgerät ein Swarovski Fernglas Habicht SL 8x56 (das erste mit Kunststoff grün beschichtete mit Daumenmulde, aber noch mit Porroprismen). Heute noch erinnere ich mich an meine ersten herbstlichen Himmelsbeobachtungen in Edlach. Ich war etwas auf den Kreuzberg hinaufgefahren an einen Beobachtungsplatz mit guter Rundumsicht. Einen Sternatlas neben mir liegend verliefen meine Beobachtungen zunächst trotz aufrechtem und seitenrichtigem Bild ziemlich orientierungslos, erschlagen von der Vielzahl an Sternen, die das Fernglas sichtbar machte. Erst mit fortschreitenden astronomischen Wissen wurde mir bewußt, das das Fernglas mit 56mm Öffnung gegenüber meinen Pupillen mit vielleicht 6mm ca. das 90fache Lichtsammelvermögen hat. Grob gerechnet ergibt das einen Zugewinn von 5 Magnituden d.h. zig tausende weitere Sterne werden gegenüber dem unbewaffneten Auge sichtbar. Um noch einmal einen Zugewinn von 5 Magnituden zu erreichen, also um auf 16 mag zu kommen, benötig man bereits ein Teleskop mit rund 350mm Öffnung, also einen 14-Zöller.


Swarovski Habicht SL 8x56

Trotz aller Startschwierigkeiten werden mir meine anfänglichen Beobachtungen mit dem Fernglas immer in Erinnerung bleiben, so vor allem das erstmalige Erspähen der Andromedagalaxie und des Orionnebels.
Vielleicht liegt es gerade an diesem Einstieg in die beobachtende Astronomie, daß ich noch heute trotz aller Fototechnik auch immer wieder gerne visuell beobachte. So habe ich es mir in Namibia zur lieben Gewohnheit gemacht in der ersten Nacht die Technik links liegen zu lassen und nur visuell zu beobachten. Natürlich sind es immer wieder dieselben Objekte, aber es ist jedesmal aufs Neue ein Vergnügen ihren Anblick im Okular zu genießen.
Der Mensch strebt nach Größerem und der Astronom nach immer mehr an Öffnung. So war es nur mehr eine Frage der Zeit bis ich mir vor vielen Jahren ein Miyauchi 77iB - 20x77-45° (400mm Brennweite) Binokular zulegte. Gegenüber dem Swarovski hat der Miyauchi ungefähr das doppelte Lichtsammlungsvermögen und 20fache Vergrößerung. Auch dieses Fernglas bescherte mir im Laufe der Jahre viele schöne Beobachtungen. Vor allem aber freute sich mein Nacken, den ein 45°-Einblick ist schon etwas Angenehmes. Zunächst hatte ich ihn auf einem stabilen Doppelrohrstativ mit einer Parallelogramm-Montierung, die ich jedem Fernglasbeobachter nur empfehlen kann. Ihre Vorteile liegen auf der Hand. Man stolpert nicht über die Stativbeine und die Okulare des Fernglases lassen sich ohne das Objekt aus dem Gesichtsfeld zu verlieren immer in eine angenehme Einblickhöhe bringen. Einmal in Namibia hatte ich den Miyauchi parallel zum Teleskop auf eine Vixen GP-DX montiert, von mir „Miyauchi GoTo“ genannt, doch die parallaktische Montierung erzwang mitunter ganz seltsame Verrenkungen und Kopfhaltungen. Später montierte ich das Fernglas azimutal auf eine kleine Celestron Einarmgabel und hatte so auch den GoTo-Komfort. Ein ins Gewicht fallender Nachteil des Miyauchi liegt in den Okularen, denn es passen nur die Originale mit 20x und 30x, letztere sind nur mehr ganz selten am Gebrauchtmarkt zu finden, und keine handelsüblichen 1.25 Zoll Okulare. Überdies macht sich bei 30x bereits ein Farbsaum bei hellen Sternen bemerkbar, denn es ist doch nur ein wenn auch guter Achromat.


Miyauchi 77iB - 20x77-45°

Öffnungsfieber ist bekanntlich eine unheilbare astronomische Krankheit, die nur vorübergehend durch noch größere Öffnung gelindert werden kann. So nimmt es nicht weiter Wunder, daß ich vor einiger Zeit einen aufkeimenden Drang zu einem 100mm Bino verspürte. Das wären immerhin 70% mehr an Lichtsammelvermögen, als der Miyauchi bietet. Doch die Befriedigung dieser Sucht beginnt in der (Semi-) APO-Klasse bei ungefähr Euro 3.000.--. So ein Betrag kugelt bei mir nicht einfach in der Portokasse herum. Seit langem besuche ich nahe zu täglich die Biete-Seite auf astronomie.de bzw. das österreichische Pendant astronomieforum.at. Am 5.11.2017 wurde ich fündig. Ein Astronom im Waldviertel bot ein APM 100 mm 45° ED-APO Fernglas samt 3 Okularsätzen, Stativ mit Neigekopf und Alukoffer zum halben Preis an. Ein rasch abgesandtes email sicherte mir den Platz als Erstinteressent.
Dann ging es ins Internet zum Recherchieren. Die USA scheinen der größte Markt für Großbinos zu sein, denn auf cloudynight und Co. fanden sich die meisten Beurteilungen und Erfahrungsberichte. Das Ergebnis: bei dem Gerät handelt es sich um das baugleiche Model, das auch von Lunt (vor allem bekannt für seine Sonnenteleskope und –filter) angeboten wird. Die nahezu einhellige Meinung ist, daß es sich dabei dzt. vom Preis-Leistungsverhältnis her gesehen um das beste Gerät in dieser Klasse handelt. Kein absoluter Vollapo, das geht mit einem ED-Zweilinser auch gar nicht, aber Besseres ist nur mehr zu wesentlich höheren Preisen zu bekommen und da fragt man sich dann schon, ob dieser relativ kleine Unterschied einem die hohe Preisdifferenz wirklich wert ist.
Am Sonntag darauf fuhr ich ins Waldviertel und nach einer kurzen Besichtigung waren wir uns handelseins. Das Bino hatte einen neuen Eigentümer bekommen. Veräußerungsgrund des Voreigentümers war die verstärkte Zuwendung zur Naturfotografie zu Lasten der Astronomie.


APM 100 mm 45° ED-Apo Fernglas
Der erste Eindruck ist gewaltig. Mit einem Fernglas hat dieses Ding nur mehr den Namen gemeinsam. 6.6kg schwer, 52cm lang und 27cm breit sprechen eine eindeutige Sprache. Im Vergleich dazu ist der Miyauchi mit 2.5kg und 32x18cm fast ein Winzling.
Hier die Spezifikationen:


Taukappen:
ausziehbar
Taukappen-Innengewinde:
M 116 x 1-6H, 6 mm Tiefe
Taukappeninnendurchmesser:
120mm
Taukappenaußendurchmesser:
124mm
Objektivlinsen:
2-Linsiger-Luftspalt-ED-Apo, hintere Linse FK-61 ED
Okularöffnung:
25mm
Prismentyp:
Dachkantprisma
Fokussiersystem:
Einzelokular Helicalfokussierer
Farbe:
Grau
Oberflächenmaterial:
Lackierung
Gehäusematerial:
Aluminium-Magnesium Legierung
Vergrößerung:
Mit mitgelieferten 18 mm Ultra Flatfield Okularen 30,5 x Vergrößerung
Objektivdurchmesser:
100 mm / 550 mm Brennweite
Vergütung:
alle optischen Flächen Breitband-multivergütet
Augenabstand:
54 mm - 75 mm
Objektiver Sehwinkel:
2.8 Grad
Stativanschlußgewinde:
Über mitgelieferten Stativadapter 1/4" Gewinde
Abmessungen:
520 mm x 270 mm x 145 mm
Gewicht:
6,6 kg


Und hier die Drei im Größenvergleich:


Auf den zweiten Blick: gediegen. Die Aluminium-Magnesium-Legierung hält das Gewicht in noch erträglichen Rahmen. Die Gehäusefarbe in einem edlen hellen und dunklen Grau erinnert – wohl gewollt – vom Design her an das hochpreisige KOWA Highlander Prominar mit Fluoritoptik. Geschraubte statt gesteckte Objektivdeckel erfordern zwar mehr Manipulationsaufwand, dafür fallen sie aber nicht wie sonst so oft heraus. Die Verstellung für den Augenabstand geht etwas streng, ein bereits bekanntes Faktum bei diesem Gerät, doch gibt es einerseits eine genaue Anleitung, wie sich das einstellen läßt und andererseits, wer verstellt schon ständig den Augenabstand. Unbeabsichtigtes Verstellen geht also nicht. Die Helicalfokussierer gehen spielfrei und geschmeidig und haben eine geriffelte Oberfläche. Die Okulare werden in Messingringen gespannt. Der über dem Fokussierring gelegene Spannring für die Okularaufnahme hat wellenförmig angebrachte Vertiefungen, unterscheidet sich also auch ohne Hinsehen von der Fokussierung. Der Tragegriff ist gut mittig ausbalanciert und hat eine Aufnahme für einen Leuchtpunktsucher.
Ebenfalls über astronomieforum.at habe ich bereits vor einigen Wochen eine gebrauchte Celestron SE Einarmgabelmontierung erworben, die von der Stabilität und Tragekraft her eine gute GoTo-Plattform abgeben müßte. Im Ergebnis also 2 vierzöllige kurzbrennweitige (rich field) ED-Refraktoren mit aufrechtem und seitenrichtigem Bild und GoTo, das grenzt schon etwas an visuellen Astrosnobismus.

Wie immer wenn man ein neues Pferd (Teleskop) im Stall hat, gibt es mindestens eine Woche Schlechtwetter, bei teureren Geräten auch durchaus mehr. Also muß ich mich für einen Test unter einem guten Sternenhimmel noch in Geduld üben. Doch die Zeit bis dahin läßt sich nutzen. Das Um und Auf bei einem Bino sind die Okulare. Miterworben habe ich 3 Okularpaare nämlich 20mm WA 70° (vermutlich APM od. TS, aber letztlich kommt das alles von demselben chinesischen Hersteller), TS 12mm WA mit 60° Gesichtsfeld und schließlich TS 6mm Planetary HR mit 58°. Das alles sind sicher keine wirklich schlechten Okulare und sie harren noch eines eingehenden Tests. Alle sind aber aus der Preisklasse bis Euro 70.—und damit ist klar, daß es nicht die Spitzenklasse sein kann. Da die Okularaufnahme bedingt durch die dahinter liegenden Prismen auf 1.25 Zoll beschränkt ist, ist man das natürlich auch in der Okularauswahl. Das hauptsächliche Einsatzgebiet für ein Großbinokular ist die Beobachtung mit niedriger Vergrößerung und großem Gesichtsfeld. Langbrennweitige Okulare bis über 40mm gibt es in 2-Zoll Ausführung in fast schon nicht mehr zu überblickender Anzahl. Technisch bedingt, nämlich durch den Durchmesser der Feldblende des Okulars, ist im 1.25 Zoll Segment bei 24mm Okularbrennweite Schluß.
20mm Okulare mit 70° Gesichtsfeld ergeben bei 550mm Brennweite ein wahres Gesichtsfeld von 2.5°, also fast ein halbes Grad oder einen Vollmonddurchmesser weniger als technisch möglich wäre. Internetrecherchen während des schlechten Wetters ergaben, daß von den meisten Benutzern von Großbinos zum Erzielen des größtmöglichen Gesichtsfeldes 2 Modelle bevorzugt werden, nämlich das Panoptic 24mm 68° von TeleVue und die neue Ultraflatfield-Serie von APM mit 65°. Der Haken an der Sache: für den Preis eines Panoptic bekommt man 2 APM-UFL und es bleiben noch 50.—Euro übrig. Da bewährt sich mein Kontakt zu Tommy Nawratil von Teleskop-Austria. Er hat 2 24mm Panoptic und ein 24mm APM-UFL, die er mir zum Testen borgt.
Bei der Okularwahl für Binokulare mit Wechselokularen und Binoansätzen für Teleskope kommt neben dem Preis, der ja immer zu verdoppeln ist, und der Abbildungsqualität noch ein weiteres nicht zu vernachlässigendes Kriterium hinzu, nämlich das Einblickverhalten des Okulars und seine Dimensionen. Das Okular kann noch so gut sein, wenn es zu groß ist und die Nase nicht mehr dazwischen paßt, dann ist es für den Einsatz am Binokular schlicht und einfach nicht tauglich. Dann gibt es auch Okulare, die sehr empfindlich darauf reagieren, wenn das Auge nicht exakt und in der richtigen Entfernung und genau über der Austrittspupille positioniert ist. Es tritt dann eine Abschattung oder der Kidney-Bean-Effekt (bohnenförmige Abschattung im Gesichtsfeld) auf. Ja und dann müssen beim binokularen Beobachten immer zwei und nicht nur ein Auge in der richtigen Position sein.
Das veranlaßte mich, mich einmal grundsätzlich mit dem Thema der astronomischen Okulare auseinanderzusetzen.

Dazu beschaffte ich mir dieses Buch:


Choosing and Using Astronomical Eyepieces
William Paolini
Springer Science & Business Media, 23.08.2013 442 Seiten
ISBN 978-1-4614-7723-5
eBook 35,69 €
Softcover 46,26 €
The Patrick Moore Practical Astronomy Series

Mit dem Erscheinungsjahr 2013 ist es so ziemlich am neuesten Stand. Auf fast 150 Seiten erfolgt zunächst eine Abhandlung über den verschiedenartigen optischen Aufbau von Okularen, ihre praktische Anwendung und die Auswahl je nach Beobachtungsobjekt. Auf weiteren 35 Seiten werden praktische Erfahrungen und Ratschläge versierter Amateurastronomen wiedergegeben. Von Seite 187 bis 407 (!) werden dann sämtliche Okulare der Hersteller von A wie Agena bis Z wie Zhumell beschrieben. Ein empfehlenswertes Handbuch für alle, die sich in das Thema Okulare profund einarbeiten wollen.
So gerüstet warte ich nun auf geeignetes Wetter für Testbeobachtungen. Am 22.11. war es dann endlich so weit. Bereits den ganzen Tag über gab es wolkenlosen tiefblauen Herbsthimmel über Edlach, der die notwenigen Herbstarbeiten im Garten wenn schon nicht zum Vergnügen so doch wenigstens angenehm machte, und angenehme 15 Grad hatte es auch noch. Nach dem Abendessen ging es dann los. Ein Two-Star-Alignment war schnell erledigt und die Celestron SE nahm ihre Arbeit als GoTo-Plattform für das Bino auf. Schon dabei zeigte sich, daß das Celestron Stativ voll ausgefahren zu niedrig ist und bei höher stehenden Objekten einen ehrfürchtigen aber unbequemen Kniefall erfordert. An dem Problem werde ich noch arbeiten müssen.
Aldebaran und die Hyaden hatten eine Höhe, die einen angenehmen Einblick am Beobachtungsstuhl sitzend ermöglichte. Ein heller Stern ist immer gut, um eventuelle Farbsäume zu erkennen und der Sternreichtum im Bereich der Hyaden macht es leicht die Sternabbildung über das gesamte Gesichtsfeld zu beurteilen.
Den Anfang machte ich mit den geborgten 24mm TeleVue Panoptic (23fach, 68° AFOV = apparent field of view, 2.97° FOV = (wahres) field of view). Wie nicht anders zu erwarten exzellente Okulare, gestochen scharf über das gesamte Gesichtsfeld und ein angenehmes Einblickverhalten. Mit Brille ist aber das gesamte Gesichtsfeld auch bei umgeklappter Augenmuschel ohne Augen- bzw. Kopf-bewegung nicht zu überblicken. Da mir vom APM 24mm UFL (23fach, 65° AFOV, 2.84 FOV) nur ein Exemplar zur Verfügung stand, konnte ich es auch nur einäugig testen. In der Abbildungsqualität steht es dem Panoptic kaum nach. Nur im Randbereich sind die Sterne einen Deut unschärfer, also hat es doch entgegen seinem Namen eine leichte Bildfeldkrümmung. Für das APM sprechen vor allem der Augenabstand von 29mm, gegenüber 16mm beim Panoptic, und der enorme Durchmesser der Augenlinse von 35mm gegenüber 21mm. Die APM Okulare sind deutlich größer und schwerer als die Panoptic, was aber die Unterbringung der Nase zwischen ihnen nicht behindert. Also werde ich mich für sie entscheiden und damit auch für die Schonung der Brieftasche.
Die mit dem Binokular mitgelieferten 20mm SWA (noname) Okulare (28fach, 70° AOFV, 2.55 FOV) sind das, was ich erwartet habe, nämlich eine billige Zugabe an der Grenze zur Unbrauchbarkeit. Scharf auf der optischen Achse, aber schon am halben Weg zum Bildfeldrand nehmen die Sterne seltsame Formen an, um in der Randzone dann sogar zu waagrechten Strichen zu entarten. Aber man kann die Striche annähernd zu Punkten machen, wenn man das Auge von der optischen Achse geringfügig wegbewegt. Was dann die anderen Sterne machen, darüber schweige ich mich lieber aus. Ständig nachzufokussieren, je nachdem wohin man sieht, macht das Beobachten auch nicht gerade entspannt. „Off-axis performance was quite sensitive to eye placement over the exit pupil” schrieb der Autor des vorerwähnten Buches zu einem Okular. Eleganter läßt es sich Ramsch nicht beschreiben.
Wesentlich besser schlagen sich das die TS WA 12mm – FMC (46fach, 60° AFOV, 1.31 FOV), die mehr oder minder über das gesamte Gesichtsfeld scharfe Sterne zeigen und auch ein recht angenehmes Einblickverhalten haben. Diese Okulare haben aber einen Haken. Es gibt nämlich das Pentax XF 12mm zu einem für Pentax sehr moderaten Preis etwas über Euro 150.--. In diversen Reviews wird das Okular in höchsten Tönen gelobt. Es soll extrem kontrastreich sein, vergleichbar mit einem orthoskopischen Okular, ein besonders gutmütiges Einblickverhalten haben, und dank der schlanken Bauweise besonders gut für Binos geeignet sein. Was im Brief an das Christkind stehen wird ist somit leicht auszurechnen.
Die TS Planetary HR 6mm (92fach, 58° AFOV, 0.63 FOV) sind von ähnlicher Qualität zeigen aber eine deutliche Randunschärfe. Mir meinem 6mm Baader Ortho bzw. dem Baader 7.5mm eudiaskopischen Okular können sie nicht mithalten.
Schon bald nach Beginn meiner astronomischen Tätigkeit habe ich mir ein Baader Großfeldbino mit drei Baader eudiaskopischen Okularpaaren mit den Brennweiten 35mm, 15mm und 7.5mm zugelegt. Vielleicht rührt daher auch mein Hang zu Großbinokularen, denn das beidäugige Sehen am binokularen Ansatz war für mich immer ein Beobachtungserlebnis besonderer Güte. Mathematisch könnte man binokulares Sehen mit der Formel 2 x 1 > 2 ausdrücken. Am binokularen Ansatz wird das Licht des Teleskops mit Prismen geteilt. Jedes Auge erhält daher nur 50% des ins Teleskop einfallenden Lichtes abzüglich der in der Optik eintretenden Transmissionsverluste. Was Mathematik und Logik nicht darstellen können, ist das, was das Gehirn aus den zwei von den Augen bereitgestellten Bildern machen kann. Betrachtet man den Mond durch einen Binoansatz, so hat man das Gefühl wie in einer Apollokapsel über seine Oberfläche zu schweben und ist dabei überzeugt dreidimensional zu sehen, obwohl das technisch unmöglich ist. Ganz offensichtlich hat sich Gott was dabei gedacht, als er uns zwei Augen gab und dazu ein Gehirn, das deren Bilder verarbeiten kann.
Die eudiaskopischen Okulare von Baader vereinen das angenehme Einblickverhalten und das große Gesichtsfeld der Erfles mit den Vorteilen der klassischen Plössl-Okulare. Eudiaskopkische Okular verzichten bewusst auf ein aufgeblasenes Gesichtsfeld, zugunsten einer besseren Schärfe im Feld. Sie werden oft als „Super“Plössl bezeichnet. Sie besitzen wie Plössls zwei achromatische Dubletts und zusätzlich noch eine 5. Linse:




Plössl Okular eudiaskopisches Okular
„Super“Plössl
Da das 35mm Okular eine andere Fokallage hat als alle anderen Brennweiten, komme ich damit am Binokular nicht in den Fokus. Die 15mm Okulare (37fach 45° AFOV, 1.22 FOV) machen durch ihre sonstigen Leistungen das Manko des geringeren Gesichtsfeldes bei weitem wett. Über das gesamte Gesichtsfeld gestochen scharfe Sterne, ein auffallend hoher Kontrast und pechschwarzer Himmels-hintergrund. Das Gleiche gilt für die 7.5mm Okulare (73fach, 46° AFOV, 0.63 FOV), die die 6mm TS Planetary HR deutlich übertreffen.
Seit vielen Jahren schon besitze ich drei Pentax XL (Vorgänger der aktuellen XW-Serie) mit den Brennweiten 21mm, 14mm und 10.5mm. Ihre Abbildungsleistung ist phantastisch, aber leider sind sie wegen ihres Durchmessers am Bino nicht einsetzbar (außer ich ließe meine Nase erheblich kürzen). Die Okulare der XL-Serie sind nur mehr vereinzelt am Gebrauchtmarkt erhältlich.
Zuletzt teste ich noch meine beiden TeleVue 8-24mm Zoom Okulare, die eine für Zoomokulare bekannt gute Abbildungsleistung haben, deren Gesichtsfeld aber in Abhängigkeit von der Brennweite zwischen 40° und 55° variiert.
Auf Empfehlung von Tommy Nawratil habe ich statt CLS- bzw. UHC-Filtern gleich OIII-Filter genommen und zwar vom Hersteller Castell. Im Gegensatz zu OIII-Filtern anderer Hersteller haben diese eine größere Durchlaßbreite. Bei OIII ist die Transmission 95% und bei Hβ noch 60%. Der Castell O-III Filter läßt gerade noch die in Kometenschweifen vorkommende wichtige Doppellinie des diatomischen Kohlenstoffs bei 514 nm durch (C2 Linie), sodaß er auch zur Kontraststeigerung bei Kometen benutzt werden kann:


Einen netten Nebeneffekt gibt es auch noch: mit Euro 54.— für den 1.25 Zoll Filter ist er überaus preisgünstig.
Die flache Ekliptik und meine eingeschränkte Horizontsicht gegen Westen haben eine Beobachtung des erst vier Tage alten Mondes nicht möglich gemacht, ebenso wie derzeit weder Jupiter noch Saturn beobachtbar sind. Diese Tests müssen daher noch warten.
Die nächsten zwei Wochen war ich weder in Edlach noch spielte das Wetter so richtig mit. Doch ich nützte die Zeit, zog aus meinen Okularrecherchen im Internet meine Schlüsse und bestellte ein Paar APM UFL 24mm und ein Paar Pentax XF 12mm, die in den letzten Tagen bei mir eintrafen.
Am 7.12. war ich in Edlach und das Wetter war mir gewogen. Es gab klaren Himmel mit sehr guter Transparenz und 5 Tage nach Vollmond gab es nach Einbruch der Dunkelheit bis ca. 21:30 Uhr ausreichend Zeit, bevor sich das Mondlicht störend bemerkbar machte. Durch die außergewöhnlich gute Transparenz war der Himmel auch überdurchschnittlich dunkel. Ich schätze ihn auf eine freisichtige Grenzgröße von 6-6.5mag (mit meinem altersbedingt schon reduzierten Pupillen-durchmesser).
Ich beginne mit den neuen APM UFL 24mm Okularen mit 65° Gesichtsfeld, von denen ich beim Testen leider nur ein Exemplar hatte. Wie ich es erwartet hatte ist das Einblickverhalten dank des großen Augenabstandes und der großen Augenlinse hervorragend. Die 65° Gesichtsfeld lassen sich entspannt und sehr angenehm ohne Augenrollen und/oder Kopfbewegung überblicken. Da ich Aldebaran und Polaris als Alignmentsterne verwendet habe, suche ich bei Polaris gleich den Kometen C 2017 O1 (ASASSN), jedoch erfolglos. Nach der aktuellen Ephemeride des MPC hat der Komet derzeit ca. 13mag und ist überdies sehr diffus. Gleichzeitig sind 13mag die Grenzgröße für 100mm Öffnung, also ist der Komet doch eher etwas für die Fotografen, denn für visuelle Beobachter. Aber dann geht es richtig los und ich nehme die 70° hoch stehende Andromedagalaxie ins Visier. Der Anblick ist atemberaubend. So habe ich sie noch nie gesehen. In der Mitte des großen Gesichtsfeldes strahlt ihr Zentralbereich und ihre Scheibe reicht fast bis an den Rand des Gesichtsfeldes. Indirektes Sehen macht die Scheibe nochmals erheblich deutlicher. Das ist eben die Stärke eines Großbinos: für jedes Auge vier Zoll Öffnung und ein großes Gesichtsfeld, prädestiniert für ausgedehnte lichtschwache Objekte.
Ich schwenke weiter zu den Hyaden, deren recht dichtes Sternfeld gut eine Überprüfung der Okulare auf ihre Randschärfe hin zuläßt und am hellen Aldebaran läßt sich auch die Farbreinheit der Optik prüfen. Beides fällt zu meiner Zufriedenheit aus. Ich kann jedenfalls keine nennenswerte Randunschärfe bemerken und komme ohne Nachfokussieren aus. Aldebaran strahlt in einem kräftigen gelb ohne erkennbaren Farbsaum.
Weiter geht es zu den Plejaden, bei denen die Kombination aus geringer Vergrößerung (23x) und großem Gesichtsfeld (rd. 2.8°) voll zum Tragen kommt. Die Hauptsterne der Plejaden strahlen wie blau-weiße Diamanten (alle Sterne der Spektralklasse B), ganz markant springt die südlich gelegene und leicht geschwungene Sternkette ins Auge und unzählige weitere blau-weiße Sterne füllen das Gesichtsfeld. Auch wenn die Helligkeit der Sterne dafür kontraproduktiv ist, so läßt sich doch zweifelsohne auch ein Hauch der Reflexionsnebel erkennen, die die Sterne umgeben.
Das nächste Testobjekt ist natürlich der Orionnebel. Neben dem zentralen M42/43-Komplex finden auch NGC 1973/75/77/80/81 locker im Gesichtsfeld Platz und auch noch reichlich Umfeld, damit die einzelnen Objekte so richtig schön zur Geltung kommen. Hier probiere ich erstmals auch die 2 Pentax Okulare aus. Die verschiedenen Erfahrungsberichte im Internet haben nicht zu viel versprochen. Auch bei ihnen ist das Einblickverhalten sehr angenehm, vor allem läßt sich der Abstand der Augenauflage verstellen und so den individuellen Bedürfnissen gut anpassen. Was aber noch mehr zählt ist die fantastische Abbildungsqualität. Ein tiefschwarzer Hintergrund gibt einen extrem guten Kontrast und die Abbildung ist gestochen scharf. Hier ist das wohl beste Preis/Leistungsverhältnis gegeben, das überhaupt zu bekommen ist. Ähnliche Okulare anderer Prämiumhersteller kosten das Doppelte, werden aber die Pentax kaum übertreffen können. Noch heute nach 16 Jahren bin ich Gerald Rhemann dankbar, daß er mir bei meinem Einstieg in die Astronomie die damals sauteuren Pentax XW eingeredet hat. Auch heute noch kommen wesentlich neuere Okulare kaum an die Pentax heran. Mit beiden Brennweiten probiere ich dann noch die Castell OIII-Filter, mit denen die Nebelstrukturen noch um einiges deutlicher werden. Dabei fällt mir dann etwas Eigenartiges auf. Südlich von M42 steht ein einzelner Stern, der im OIII-Filter markant grün ist. Ich bin dem nachgegangen und habe dabei auf den „Blackbody Curves and Filter Explorer“ (http://astro.unl.edu/classaction/animations/light/ bbexplorer.html) zurückgegriffen, der aus dem Wuppertaler Spektroskopiekurs stammt und dem zu entnehmen war, daß dieser Stern sein Strahlungsmaximum bei ca. 550nm und einer Temperatur von rd. 5.300°K haben muß. Was ich mir im Augenblick nicht erklären kann ist der Umstand, daß diese Temperatur der Spektralklasse G entspricht, also sonnenähnlichen Sternen, die wie Sand am Meer im Universum vorkommen. Warum ausgerechnet diese so intensiv grün im OIII-Filter leuchtet, ist mir schleierhaft. Bei nächster Gelegenheit werde ich versuchen diesen Sonderling auch zu identifizieren.
Mein nächstes Objekt ist wiederum prädestiniert für niedrige Vergrößerung und großes Gesichtsfeld, nämlich die drei Gürtelsterne mit dem sie umgebenden offenen Sternhaufen Collinder 70, der rund 3° Durchmesser hat und damit im Fernrohr gar nicht so richtig zur Geltung kommen kann.
Dann geht es rund drei Grad nach Osten zum Reflexionsnebel M78, der wenn auch nur schemenhaft zu sehen ist. 8.3mag auf ca. 50 Quadratbogenminuten verteilt können einfach nicht mehr hergeben.
Im Osten beginnt der Mond bereits den Horizont aufzuhellen und so werfe ich noch schnell einen Blick auf M35, einen sehr schönen offenen Sternhaufen, der vor allem durch die recht dicht stehenden zarten Sterne charakterisiert ist.
Schnell kommt noch NGC 2264, der Christmas Tree Cluster dran, das muß in der Vorweihnachtszeit einfach sein.
Im Osten wird es immer heller und knapp unter der Praesepe geht der Mond hinter einem bewaldeten Bergabhang auf. Die gelb strahlende Mondscheibe hinter der schwarzen Silhouette der Fichten hat eine schaurige Schönheit. Fast vermeine ich nicht vorhandene Wölfe heulen zu hören. Nach wenigen Minuten ist das Schauspiel vorüber und der Mond steht über dem Horizont. Es ist 21:30 und ich lege nun eine Beobachtungspause ein. Gegen Mitternacht, wenn der Mond schon höher steht, möchte ich dann auch noch an diesem das Bino testen.
Nun rund 3 Stunden später steht der Mond ausreichend hoch. Mit den 24mm Okularen (23x) zeigt sich kein übermäßiger Unterschied zum Miyauchi (20x). Das große Gesichtsfeld ist hier ja ohne Bedeutung. Nur 23-fach ist für den Mond einfach zu wenig Vergrößerung, also kommen die beiden Pentax rein. 46-fach gibt schon was her und das Gesichtsfeld entspricht noch immer dem fast 2.5-fachen Monddurchmesser. Mit dieser Vergrößerung lassen sich Details am Mond schon recht gut beobachten. Am Mondrand zeigt sich ein wenn auch nicht störender zarter grüner Saum, was bei einem 2-linsigen ED-Objektiv mit f5.5 auch zu erwarten war. Eine ziemliche Enttäuschung werden dann die beiden TS 6mm Planetary HR. Auch bei mäßigen Seeing muß bei 92-facher Vergrößerung am Mond noch ein scharfes Bild erreichbar sein. Während mich im Pentax der Schärfepunkt regelrecht anspringt, ist es bei diesen Okularen eine eher schwammige Sache ohne klar definiertem Schärfepunkt. Im Hinterkopf formt sich bereits ein Gedanke. Die Vixen SLV und hier vor allem das 5mm Okular liegen preislich vernünftig (Euro 120.--), haben 50° Gesichtsfeld und mit jeweils 20mm Augenabstand und Durchmesser der Augenlinse nicht nur ein sehr gutes Einblickverhalten, sondern sie werden in mehreren Reviews darüber hinaus qualitativ den Baader Genuine Ortho gleichgestellt.

Nach zwei Testabenden komme ich zu folgendem vorläufigen Ergebnis:
1. Das APM-ED100-Bino45 ist seine Preis wert (dzt. im Sonderangebot Euro 2399.--). Der lediglich am hellen Mond und bei höherer Vergrößerung auftretende leichte Farbsaum ist nicht störend. An hellen Sternen ist mir kein Farbsaum aufgefallen. Wer hier noch Besseres will, wird kaum an den wesentlich teureren und schwereren Doppelrefraktoren herumkommen, da es m.W. außer dem Kowa Highlander Fluorit 82mm um satte Euro 4.000.—kein serienmäßiges Vollapo-Fernglas gibt.
2. Jedes Fernrohr/Fernglas ist nur so gut wie die Okulare, die man benützt. Billige Okulare sind doppelt so teuer. Man bekommt für sie am Gebrauchtmarkt praktisch nichts und kauft sich über kurz oder lang doch teurere und wirklich gute Okulare.
3. Bei Binokularen mit Wechselokularen ist ganz besonders auf das angenehme Einblickverhalten der Okulare zu achten.
4. Ein 45°-Einblick ist das Minimum für astronomische Beobachtungen, besser wäre noch ein Binokular mit 90°-Einblick (was aber auch optische Nachteile hat). Besonders wichtig ist daher ein stabiles, leicht in der Höhe zu verstellendes Stativ, ev. auch ein verstellbarer Beobachtungsstuhl, um eine möglichst angenehme Haltung hinter dem Fernglas einnehmen zu können. Hervorragend geeignet sind Parallelogrammontierungen, was ich aus eigener Erfahrung nur bestätigen kann. Mit diesen kann man stehend oder sitzend beobachten, kann das Fernglas immer angenehm in Augenhöhe positionieren und stolpert überdies nicht im Finsteren über die Stativbeine.

Und abschließend will ich noch jedem Amateurastronomen eine persönliche Empfehlung nahebringen:
So sehr in den letzten rund 20 Jahren die Technik die Astrofotografie revolutioniert hat und wir Aufnahmen machen können, die höchsten professionellen Ansprüchen gerecht werden: die visuelle Astronomie ist nicht ersetzbar. Eine nur kurz belichtete Aufnahme der Andromedagalaxie zeigt mehr als jedes Fernrohr. Aber ihr majestätisches Schweben im unendlichen Universum, die hauchzarten Strukturen ihrer weitläufigen Scheibe, das kann nur das menschliche Auge am Okular wahrnehmen. Kann man dafür beide Augen verwenden, so entsteht ein unbeschreiblich plastisches Bild, das durch nichts zu übertreffen und weit mehr als nur dasselbe Bild zweimal ist.
Erst kürzlich bei der WAA-Jahrestagung 2017 hat es Prof. Franz Kerschbaum auf den Punkt gebracht, als er sagte seine schönsten Augenblicke als Astronom sind jene, wenn er den Kontrollraum des ESO-VLT verläßt, sich in der Ruhe der Atacama-Wüste hinsetzt und zum Himmel blickt. Dem kann ich nichts Weiteres hinzufügen.
Laadoc
 
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